Dienstag, 17. Juni 2008

Defizite der Demokratie

Wer regiert in einer Demokratie?

Auf den ersten Blick scheint die Antwort auf die Frage einfach, denn so haben wir es in der Schule gelernt:


Der Wille des Volkes


Schauen wir etwas genauer.

Was ist der politische Wille des Volkes in unserer Wohlstandsgesellschaft? Ich mache jede Wette, dass bei einer Umfrage die Ergebnisse in etwa so aussehen würden:

"Wenischer Steurn zahle, wenischer Schaffe und mit fufzisch ganz aufhöre, sischere Arbeitsplätz, scheh Haus mit große Gardde und nen scheh Auto"

Das ist der ganz allgemeine Egoismus. Aber was ist an diesem Willen politisch?

Gar nichts.


Fragen wir die Bürger aber nach Ihrer Position zur China- oder Nahostpolitik, dem Bundeswehreinsatz im Inneren oder zur Föderalismusreform wird es schon dünn.
Von der Innen- zur Außenpolitik wird der Grad Meinung geringer. Je weniger es den Bürger betrifft, desto weniger wird er eine Meinung dazu haben.

Halten wir fest: Die breite Masse einer Wohlstandsgesellschaft möchte möglichst gut und bequem leben, hat aber darüber hinaus keinen wesentlichen politischen Willen. Einen tatsächlichen politischen Willen hat nur eine intellektuelle Minderheit.


Wo es an politischen Willen mangelt ist, aber etwas anderes im Volk reichlich vorhanden:


Angst


Der Angst-Faktor

Das Leben der meisten Menschen wird hauptsächlich von Ihren Ängsten bestimmt und


wenn ich Deine Ängste kenne, kann ich Dich nach Belieben damit manipulieren.


Beispiele


Welche Ängste hat die breite Masse?

Angst vor dem Verlust des Arbeitplatzes
Angst vor sozialem Abstieg
Angst vor Verbrechen
Angst vor Ausländern
Angst vor fremden Kulturen
Angst vor Terroristen
Angst vor dem Weltuntergang
Angst vor Außerirdischen
Angst vor Spinnen
Angst vor der Dunkelheit,
Angst vor dem Tod....

Zusammengefasst:


Die Angst vor Veränderungen

und

vor allem was es nicht kennt.


Wer nutzt das aus?

Die Populisten

Auf der einen Seite gibt es immer wieder Populisten, die die Ängste der Menschen ausnutzen um in politische Ämter zu gelangen. Schöne Beispiele sind Ronald Schill, Jörg Haider, oder Erwin Schönhuber. Läuft die Wirtschaft gerade nicht gut, brauche ich nur die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes mit der Angst vor fremden Kulturen zu verknüpfen und das ganze in kurze und knappe Worte zu fassen.

"Ausländer raus. Sie nehmen uns die Arbeitsplätze weg."

kommt dann dabei raus. Und wenn die Wirtschaft gerade nicht rund läuft erreiche ich damit auf relativ einfache Weise zwischen 5% und 26,9% (FPÖ mit Haider 1999).

Das Problem mit den Populisten löst sich aber Gott sei Dank meist von alleine. Sie ziehen hauptsächlich Protestwähler an. Sobald Sie gewählt werden und den vollmundigen Versprechungen keine Taten folgen, verschwinden Sie in der Regel wieder von der Bildfläche.

Gibt es jemanden der es besser macht?

Für die konstante Versorgung der Ängste der Bürger gibt es bei uns eine feste Konstante:

Die Bild-Partei

d.h. die Boulevard-Zeitungen bzw. für uns die Bild-Zeitung.

Geht man auf die Seite www.bildblog.de und gibt dort mal die entsprechenden Suchbegriffe zu den aufgezählten Ängsten ein, findet man für jeden Suchbegriff etliche Bild-Artikel.

"So leicht können Sie Ihren Job verlieren"
"Wir haben zu viele junge kriminelle Ausländer" (Zitat Koch auf der Titelseite der Bild)
"Die Urwald-Männer zähmen Spinnen"
"Äquator dramatisch verschoben"
"Sterbender Komet rast auf die Erde zu"
"200 Meter Flutwelle im Atlantik"

Dabei versteht die Bild-Zeitung es wie kein zweiter auf die intellektuellen Möglichkeiten Ihrer Leser einzugehen.

Dass heißt in der Regel weniger als 12 Worte pro Satz. Kaum Nebensätze. Kommas sind zu vermeiden.

Sorgfältig in kleinen Happen serviert, nimmt die Bild Ihren Lesern freundlicherweise das Denken ab. Politik im Outsourcing Betrieb sozusagen.

Ein weiterer Vorteil: Die Bild-Zeitung muß nicht erst warten, bis man durch Recherche das passende Thema gefunden hat. Viele Artikel sind zum Teil frei erfunden. Zwar kann man sich juristisch wehren, aber für einen Politiker im Wahlkampf ist der entstandene Schaden fatal. Somit kann die Bild auch gezielten Einfluss auf Politiker nehmen und wie man im Buch von Günther Wallraff "Der Aufmacher. Der Mann, der bei „Bild“ Hans Esser" nachlesen kann, tut Sie das auch.

Wie viele Politiker krampfhaft lächelnd auf allen Vieren durch die Bildredaktion gekrochen sind, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Der Gang nach Canossa der Moderne.

Die Bildzeitung ist wesentlich gefährlicher als jede Form von Bestechung.


Die Bild-Zeitung greift aber auch aktiv in die Politik ein. Je nach gewünschter Richtung werden Politiker und Vorschläge entweder gezielt öffentlich diffamiert oder in den Himmel gelobt.

Beispiele


Und die Bild ist mit einer Auflage von rund 4 Millionen Deutschlands auflagenstärkste Zeitung.

Wenn wir davon ausgehen, dass der überwiegende Teil der Leser wahlberechtigt ist entspricht das bei 60 Millionen Wahlberechtigten einem Anteil der "Bild-Partei" von 6,66% .

Und mit 6,66% mehr oder weniger stellt man Mehrheiten her oder verliert man Wahlen.

Wie gut das funktioniert hat man bei den Abstimmungen zur EU-Verfassung gesehen. Fragt man jetzt diejenigen, die mit Nein gestimmt haben nach dem Grund, so bekommt so ziemlich alles zu hören außer das worum es eigentlich ging. Viele, die mit "No" gestimmt haben, haben nicht aufgrund einer Überzeugung sondern einzig aufgrund Ihrer Ängste entschieden. Und kräftig geschürt werden diese Ängste von der Boulevard-Presse.

Ist eine Bevölkerung in einer Frage gespalten so übernimmt die Boulevard-Presse das "Zünglein an der Wage" und trifft somit direkt politische Entscheidungen. Statt eines Referendums könnte man in diesen Fällen die Entscheidung auch gleich der Boulevard-Presse überlassen.
Ein äußerst beunruhigender Gedanke, wie ich finde.

Aber ist eine Entscheidung aufgrund von Ängsten nicht auch demokratisch?

Definition Wille:

das handlungsleitende Streben (d.h. ein Streben aus dem sich Handlungen ergeben oder geleitet werden)

Definition Angst:

Affekt oder Gefühlszustand, der im Unterschied zur Furcht einer unbestimmten Lebensbedrohung entspricht.

Wille basiert auf etwas zielgerichtetem, Angst auf etwas unbestimmten.

=> Angst kann kein Wille sein

Somit ist ein auf diese Weise beeinflusstes Referendum zutiefst undemokratisch, da hier trotz der Abstimmung nicht der Wille des Volkes entscheidet, sondern diejenigen die seine Ängste instrumentalisieren.

In unserem Fall werden 491 Millionen Menschen von vielleicht 10 Chefredakteuren blockiert.




------------ Fazit -----------------


Die Boulevard-Presse macht nichts anderes als permanent die Ängste Ihrer Leser zu schüren und ist daher nur zu einem geringen Anteil dem Begriff "Presse" zuzuordnen.

Unter dem Deckmantel der Pressefreiheit ist die Boulevard-Presse in erster Linie eine feste Machtinstitution, die Ihre unmündigen Leser als Geiseln benutzt um politischen Einfluss zu nehmen.

Sie arbeitet mit Angst und nationaler Hetze und funktioniert damit auf die gleiche Weise, wie das Propaganda-Ministerium Göbbels.

In einer Demokratie herrscht nicht nur der Wille des Volkes, sondern in gleichem Anteil seine Ängste. Wer es schafft die die Ängste des Volkes zu instrumentalisieren, gewinnt erheblichen Einfluss.
Grundsätzlich demokratische Mittel wie Volksabstimmungen oder Wahlen können dadurch so manipuliert werden, dass das Ergebnis zutiefst undemokratisch ausfällt.

Dieser Angst-Faktor scheint in der Demokratie je nach Ausprägung zwischen 5% und 25% zu liegen.

Der Neuwahlen-Faktor

Um zu regieren, muss man in einer Demokratie gewählt werden.

Wie wird man gewählt?

Stellen wir uns die Kolonisten bei Ihrem ersten Treffen mit den Einheimischen vor.
Mit "Hallo, wir schenken Euch die Pocken und nehmen Euch dafür Euer Land" oder
"Wir nehmen eure Freiheit und schenken euch dafür die ewige Erlösung"
wäre der Empfang wahrscheinlich wenig euphorisch ausgefallen.
Mit Glasperlen und schönen Worten kam man hier schon wesentlich weiter.

Das gleiche Prinzip gilt noch heute

Mit "Ich werde die Sozialleistungen kürzen und dafür die Rentenbeiträge erhöhen" oder "Ich erhöhe die Steuern und kürze die Renten" gewinnt man bei demokratischen Wahlen auch heute noch keinen Blumentopf.

Will man gewählt zu werden, muss man schöne Versprechungen machen und Geschenke verteilen.

Das jüngste Beispiel kommt sogar von der CSU.

Was sollen denn da die Parteien in den Ländern mit wechselnden Mehrheiten machen?

Wo kein eigener politischer Wille vorhanden ist, müssen die Wähler in einer Demokratie im wahrsten Sinne des Wortes "gekauft" werden.

Beispiele

Das wir auf einem ständig weiterwachsenden Schuldenhaufen von mittlerweile 1500 Milliarden EUR sitzen gerät vor jeder Wahl grundsätzlich in Vergessenheit. Alle 4-5 Jahre kommt der kollektive Schuldenblackout. Sowohl bei den Politikern als auch bei den Wählern.

Nachdem sich eine Partei die Regierung auf Versprechungspump gekauft hat, steht Sie vom ersten Moment an vor einem großen Schuldenhaufen von Versprechungen.

Sie hat jetzt folgende Alternativen.

Option A.) Sie löst Sie die Versprechungen nicht ein, bricht Ihre Wahlversprechen und steht gleich am Anfang der Legislaturperiode dumm da.

Option B.) Sie gibt Geld aus, dass Sie nicht hat, wandelt ihre Versprechungsschulden in finanzielle Schulden um steht am Ende der Legislaturperiode dumm da.

Zu dem Symptom "Wählerfrust" oder "Politverdrossenheit" kommt es dann ganz automatisch. Natürlich muss sich die Politik nach der Wahl zumindest teilweise an der Realität orientieren und kann die Versprechen nicht im vollen Maße umsetzen. Damit büßt Sie aber bereits wieder an Vertrauen ein und ist dabei die nächste Wahl zu verlieren.


------------ Fazit -----------------


Auch wenn dringender Reformbedarf besteht, muss man in einer Wohlstandsdemokratie Geschenke verteilen und die Wähler kaufen um an die Regierung zu kommen. Hierfür ist hauptsächlich der Wähler verantwortlich.

Die dazu notwendigen Wahlversprechen sind in der Regel den tatsächlichen Anforderungen diametral entgegengesetzt.

"Wählerfrust" und "Politikverdrossenheit" ist systembedingt und tritt immer dann auf, wenn Reformen notwendig sind.

Die Reformfalle

Aber nehmen wir den Idealfall. Die Vorgängerregierung hat Mist gebaut, und wir bekommen sozusagen ein Freilos auf die Regierung.

Politische Reformen benötigen mindestens 2-3 Jahre bevor sie sich bemerkbar machen. Bestes Beispiel ist die Agenda 2010.

Jetzt benötigen wir aber mindestens 1 - 2 Jahre um so ein Reformpaket auf den Weg zu bringen.

D.h. Führe ich unbequeme Reformen durch ist der Nutzen in der Regel am Ende meiner Legislaturperiode noch nicht erkennbar. Ich bin der Buhmann und konsequenterweise verliere ich die nächste Wahl. Dafür freut sich jetzt der politische Gegner, der jetzt nicht nur vom Nutzen der Reformen profitieren kann, sondern auch den Erfolg für Sich verbuchen kann.


Bei einer Legislaturperiode von 4-5 Jahren

sind unpopuläre politische Reformen politischer Selbstmord und gleichzeitig

die Grundlage einer dauerhaften Machtübernahme durch den politischen Gegner.



Nachdem man als Politiker sehr viel Zeit und Energie aufwenden musste, um an die Macht zu kommen stellt sich jetzt diesem jetzt die Frage:

a.) Ich führe notwendige Reformen durch, mach mich sogar in der eigenen Partei im höchsten Maße unbeliebt, verliere schnell und dauerhaft meine Macht und stärke gleichzeitig den politischen Gegner.

b.) Ich gebe wie alle Vorgänger weiter Geld aus, dass ich nicht habe, bin weitgehend beliebt, bleibe an der Macht und überlasse das Schuldenproblem, denen die nach mir kommen. (das allseits beliebte "Nach-mir-die-Sintflut Prinzip")

Nach 25 Jahren mühevoller Arbeit in der Partei kommst Du an die Macht. Wie würdest Du Dich entscheiden?

------------ Fazit -----------------

Unsere Demokratie gibt keinerlei Anreize notwendige politische Reformen durchzuführen.

Dafür gibt es reichlich Anreize, diese nicht durchzuführen.


Die Föderalismus-Falle

Aber selbst wenn ich mich für die Durchführung politischer Reformen entscheide, bekomme ich auf bundespolitischer Ebene schnell das nächste Problem.

Bei der Durchführung politischer Reformen fallen die Länder peu a peu an den politischen Gegner. Nach 2 Jahren ist es sehr wahrscheinlich, dass ich nicht mehr über die notwendige Mehrheit im Bundesrat verfüge.

An diesem Punkt kommt es zur Blockade durch den politischen Gegner und die Regierungsarbeit ist nur noch stark eingeschränkt möglich. Sehr deutlich war das in den jeweils letzten Jahren unter Schröder oder Kohl.

Da wir das Problem in Zeiten der grossen Koalition offensichtlich nicht haben und es in der Zwischenzeit eine Föderalismusreform gab, bleibt abzuwarten, ob sich hier in der Zwischenzeit etwas geändert hat.

Es stellt sich aber eine ganz andere Frage: Wozu brauche ich überhaupt den Konstrukt der Länder in einem kleinen Land wie Deutschland?

Wer kann mir 3 landespolitische Themen nennen?

Mir fällt spontan gerade mal das Rauchverbot ein. Und auch hier stellt sich die Frage: Wozu brauche ich ein regional individuelles Rauchverbot? Gar nicht.

Offensichtlich sind die Landtagswahlen vielmehr ein Stimmungsbild mit der jeweiligen Partei auf Bundes- als auf Landesebene. Wessen Partei auf Bundesebene gerade unbeliebt ist, der wird auch kaum auf Landesebene Erfolge haben. Egal wie gut er da war.

Stellt sich die Frage: Welchen demokratischen Nutzen bietet der Bundesrat?

Da wir den Bundespräsidenten haben, der ein Gesetz auf Verfassungskonformität zu prüfen hat, fällt mir nichts dazu ein.


------------ Fazit -----------------



Landtagswahlen spiegeln die Zufriedenheit mit der Bundesregierung und sind somit vorweggenomme Bundestagswahlen.

Führt eine Regierung notwendige Reformen durch, so verliert sich wahrscheinlich innerhalb von 2 Jahren die Mehrheit im Bundesrat.

Der Föderalismus nimmt Anreiz für Reformen.

Nach der halben Legislaturperiode werden Reformen wahrscheinlich vollständig blockiert.




Gesamtfazit

In einer Demokratie herrscht neben dem Willen des Volkes seine Angst.

Ist ein Volk politisch gespalten, übernehmen diejenigen, die seine Ängste instrumentalisieren, die Macht. Dies ist vor allem die Boulevard-Presse.

Demokratische Instrumente wie Wahlen oder Referenden können manipuliert werden und äußerst undemokratische Ergebnisse erzielen.

Um an die Regierung zu kommen müssen Wähler mit Versprechen und Zusagen gekauft werden. Ursächlich hierfür ist das Verhalten der Wähler.

"Politikverdrossenheit" tritt systembedingt immer dann auf, wenn Reformen notwendig sind. Versprechen und politische Realität stehen sich in diesem Fall diametral gegenüber.

Unsere Demokratie setzt der Politik keinerlei Anreize zur Durchführung von Reformen.

Unsere Demokratie setzt der Politik viele Anreize keine Reformen durchzuführen.

Der Föderalismus behindert die Regierungsarbeit zusätzlich,verkürzt die Legislaturperiode faktisch um die Hälfte, bringt aber keinerlei demokratischen Nutzen.

Lösungansätze

Wie reduziert man den Einfluss durch die Instrumentalisierung von Ängsten?

Verbot oder Zensur?
Nein, das schafft nur eine noch größere Machtposition bei denen dann Bestimmen was erlaubt und was verboten ist. Es verschiebt die Macht nur.

Keine oder möglichst wenige Volksabstimmungen. Die Gefahr, das eine Volksabtimmungen ein undemokratisches Ergebniss erzeugt, ist aufgrund der Gefahr von Massen-Manipulation groß.

Volksabstimmungen nur mit qualifizierter Mehrheit. Hier wird der tatsächliche Wille eines Volkes durch ein klares Votum deutlich gestärkt und veringert zumindest die Gefahr, dass ein Volksentscheid nur den Willen des Boulevards wiedergibt.

Zusätzlich sollte die Politik gezielt auf die eingehen, die diese Ängste haben und für Hetze anfällig sind. Warum überlassen wir der Bild kampflos das Feld? Wenn die Politik sich zusätzlich mit den gleichen Worten erklären würde wie die Bildzeitung, würde das Verständniss für die Politik steigen und gleichzeitig dem Boulevard die Nahrung entziehen.

Das wären z.B. Pressemitteilungen, Websites in 2 Versionen. Eine wie bisher und eine mit den gleichen sprachlichen Merkmalen, wie sie bei der Bild verwendet werden.

Es reicht nicht nur Deutsch zu sprechen, man muß auch die Sprache der Menschen sprechen. Und die sprechen nun mal auch innerhalb eines Sprachraums unterschiedlich.


Wie setzt man der Politik Anreize zur Durchführung von Reformen?


Kann man von den eigenen Reformen selbst profitieren, statt sich nur überall unbeliebt zu machen und den politischen Gegner zu stärken, wäre das ein deutlicher Anreiz für Reformen. Dazu sollte man die Legislaturperiode auf 10 Jahre anheben.

Da hier aber dem Wähler deutlich die Kontrollmöglichkeit entzogen wird, benötigt man ein zusätzliches Instrument.

Leider fällt mir hier nicht besseres ein, als eine Volksabstimmung.

D.h. das Volk sollte in der Lage sein, durch eine Volksabstimmung mit qualifizierter Mehrheit Neuwahlen zu veranlassen. D.h. wenn die Dinge ganz auf dem Ruder laufen und auch der letzte es geblickt hat, wird neu gewählt.

Dazu gehört der Bundesrat in seiner jetztigen Form abgeschafft. Landtagswahlen repräsentieren keine Landespolitik sondern die derzeitige Zufriedenheit mit der Bundesregierung. Daher werden hier auch keine Länder-, sondern überwiegend bundespolitische Interessen vertreten. Diese Funktion liegt aber bei der Bundesregierung im Parlament.

Braucht man noch eine 2. Kammer? Bin ich mir im Moment nicht schlüssig, vor allem wenn das Volk mit qualifizierter Mehrheit Neuwahlen herbeiführen kann. Kommentare sind willkommen.

Wie kann man erreichen, das die Wähler bei Wahlen nicht mehr gekauft werden müssen (Ehrlichkeit in der Politik)?

An der Stelle schließe ich mich einem Vorschlag der Jungen Liberalen an. Zuerst einmal sollte ganz klar ein Verschuldungsverbot in unsere Verfassung übernommen werden. Ausnahmen hiervon sollte es nur noch mit qualifizierter Mehrheit im Bundestag sowie einem verbindlichen Tilgunsplan möglich sein. Um seriösere Wahlversprechen zu erlangen, sollte zusätzlich mindestens für die Parteien jederzeit Einsicht in den Bundeshaushalt möglich sein.

Aber hier sind auch die Wähler gefordert. Wäre das Volk bereit auch unbequeme Wahrheiten zu aktzeptieren, würden wir auch mehr Ehrlichkeit aus der Politik bekommen.

Wie man das aber erreichen soll, ist mehr derzeit schleiherhaft. Nichts was realistisch wäre.

Besonders lustig finde ich die Forderungen in letzter Zeit "Die Politik müsse die Herzen der Menschen erreichen" Das ist wie von einer Fußballmanschaft zu verlangen "Sie müsse toll spielen" um den Zuschauer zu begeistern. Quatsch. Wenn gewonnen wird, fragt hinterher kein Mensch mehr danach.

Wem fällt dazu was ein?


Schlusswort


Nach 60 Jahren halte ich die Demokratie in Deutschland für fest verwurzelt. Ob in Bezug auf unsere militärischen Auslandseinsätze oder unsere Deutschlandfähnchen am Auto wird eines deutlich:

Ohne die Vergangenheit zu verdrängen ist Deutschland dabei sich als eigenständige Nation neu zu entdecken.

Aufrecht aber ohne Überheblichkeit

Wir gehen in die richtige Richtung. Und ich denke es ist langsam an der Zeit weiterzudenken und zu überlegen, an welchen Punkten sich unsere Demokratie noch verbessern lässt. Wir haben jedes Recht dazu denn im allgemeinen hat.....

jeder das politische System, dass er verdient

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hmmm ... interessante Gedanken.

Allerdings denke ich die grundlegende Frage sollte zuerst einmal lauten ob Deutschland eine wirkliche Demokratie ist.

Wir in Deutschland haben in meinen Augen noch keine wirklich funktionierende Demokratie gesehen. Die einzige zwei die man einigermassen als Demokratie bezeichnen kann waren die Weimarer republik und die BRD nach 1949 (Gesamtdeutschland nach der Wiedervereinigung). Beide hatten (haben) ihre massiven Nachteile.

Weimarer Republik

entstanden aus dem Sturz des Kaisers infolge des verlorenen ersten Weiltkriegs - war die Weimarer republik im einfachen Volk und was noch viel wichtiger ist - bei den Stuetzen des Staates (Beamte, Militaer, Justiz) nie wirklich akzeptiert und daher von links und rechts konstanter Belagerung und Angriffe ausgesetzt ohne verteidigt zu werden. Dazu kam die parlamentarische Zersplitterung die ein effektives Regieren verhindet hat. Die Moeglichkeit das Parlament per Notstandsverordnungen komplett auszuhebeln und ein nicht wirklich hilfreiches aussenpolitisches Klima welches meistens von rache gepraegt war. Die Reparationszahlung waren langfristig toedlich fuer die Wirtschaft. Die Folge war das die Wimarer republik und damit die Demokratie nie das noetige Ansehen im Volk besass um die Weltwirtschaftskrise ueberstehen zu koennen.

Westdeutschland nach 1945

Auch hier haben wir wieder die Einfuehrung der Demokratie nach einem verlorenen Krieg unter aussenpolitischen Druck der gekonntausgenutzt wurde (Angst vor den Kommunisten). Allerdings hatte man aus dem Fehlern der Weimarer Republik gelernt. Man hat die parlamentarische Zersplitterung vermieden so wie die Moeglichkeit das Parlament komplett auszuhebeln. Auch das Ausland (West) hatte gelernt das man Deutschland besser nicht isoliert (versucht auf ewig darnieder zu halten) . Aber auch hier hat sich das Volk nicht "freiwillig" fuer die Demokratie entschieden. Es gab einfach keine andere Alternative. Eine nationale Identitaetsbildung war nicht gewuenscht und so bildeten sich Unterstroemungen die heute hochkochen.

Deutschland nach der Wiedervereinigung

Hier haette die grosse Chance bestanden einmal eine gruendlich Bestandsaufnahme sowohl der positiven als auch negativen Faktoren zu machen. Diese Chance wurde verschwendet indem das provisorische Grundgesetz der Bundesrepublik einfach permanent gemacht wurde. Von seiten der Politik und der meisten Buerger bestand kein Interesse an naeherem hinschauen.
Die Menschen in den jungen Bundeslaendern waren mit dem Zusammenbruch der Wirtschaft beschaeftigt (eine Situation die sich in den alten Laendern nie so gestellt hat und deshalb heute noch viel Unverstaendnis ueber die jungen Bundeslaender herscht) um nachzudenken. Ausserdem sah man eine Demokratie in Aktion die von "aussen" (Westen) "aufdoktriniert" wurde. Diese Erosion im Demokratieverstaendnis sieht man heute in den Wahlergebnissen der Linken und Rechten wiederspiegelt.

In vielen Punkten denke ich das die politische Situation in den jungen Bundeslaendern der in den alten um etliche Jahre voraus ist. Alles was in den alten laendern fehlt ist die massive Wirtschaftskrise die die Verwerfungen in der deutschen gesellschaft aufbrechen laesst.

Deutschland ist eine Wohlstandsdemokratie

Eines kann man jedoch schon heute deutlich sehen. Mit dem Fall des Kommunismus als gesellschaftliche Alternative (die sie realerweise nie war) hat die Wirtschaft jede Scheu verloren und folgt nun dem amerikanischen Pfad der Aushoehlung der Gesellschaft. Ich rede hier bewusst nicht vom Mittelstand sondern von multinationalen Konzernen.

Gibt es eine Loesung?

Ich kann eigentlich nur eine sehen. Eine informierte Gesellschaft die sich die benoetigten Informationen frei beschaffen und verarbeiten kann und dann die richtige Entscheidung trifft.

Allerdings gibt es dort das kleine Problem das waehrend frueher die freie Beschaffung der Information problematisch war (Informationsmangel) leiden wir heute am Informationsueberfluss. Wir ertrinken in einem mehr sinnloser und nicht benoetigter Information und der durschnittliche Bundesbuerger (und nicht nur in Deutschland) ist unfaehig Informationen richtig zu filtern und zu verarbeiten.
Das muss waehrend der Kindheit (Schule , spaetesten Studium gelehrt werden). Leider fehlt zu einer solchen Reform der politische Wille und die Faehigkeit der Reform die benoetigte Zeit einzuraeumen.
Das Elternhaus kommt meistens als Alternative nicht in Frage da die Eltern diese Faehigkeit meistens selbst nicht besitzen.