Dienstag, 12. Januar 2010

Was genau machen wir in Afghanistan?

Die Bundeswehr in Afghanistan gehört zur "International Security Assistance Force". Das Ziel der ISAF lautet:

"Aufgabe der ISAF ist die Unterstützung der gewählten Regierung Afghanistans zur Herstellung und Aufrechterhaltung eines sicheren Umfeldes in Afghanistan. In erster Linie soll so der Wiederaufbau Afghanistans, die Etablierung demokratischer Strukturen und die Durchsetzungsfähigkeit der frei gewählten Zentralregierung vorangetrieben werden."

Also kurz: Wiederaufbau, Demokratie und Stabilität.

Wunderbar. Klingt ja alles ganz super. In diesem Glauben wandelte ich fröhlich und unbeschwert bis ich die Tage beim Googlen über die folgende Schlagzeile stolperte...


Darin heißt es mit Verweis auf die Schweizer Depeschenagentur (sda):

"...Die drei grössten Abnehmer waren demnach die
Vereinigten Arabischen Emirate (7,9 Mrd USD), gefolgt von Afghanistan (5,4 Mrd USD) und Saudi-Arabien (3,3 Mrd USD). Die NATO erwarb für 924,5 Millionen Dollar....
Die Profiteure dieser Entwicklung sind Firmen wie Lockheed Martin, Boeing, Northrop Grumman und General Dynamics."


Nein, die Topkunden der amerikanischen Rüstungsindustrie sind mittlerweile alle im Nahen Osten. So ein Zufall. Ein Schelm der böses dabei denkt. Wirtschaftsimperialismus? Aber nein, so wollen wir das nicht nennen.

Aber Moment mal.....

Afghanistan kauft alleine in den USA 5 Mal mehr in Waffen als die gesamte NATO?

Wow.

Aber es wird noch besser, denn....

Das Auswärtige Amt schreibt zu Afghanistan:
"Afghanistan zählt acht Jahre nach Beginn des internationalen Wiederaufbauengagements laut UNDP-Statistik immer noch zu den ärmsten Ländern der Erde und ist das ärmste Land außerhalb von Schwarzafrika. Industrieproduktion ist kaum vorhanden, 80% der Bevölkerung sind im landwirtschaftlichen Bereich tätig."

Also kauft das ärmste Land außerhalb Schwarz-Afrikas
in den USA 5 Mal mehr Waffen als 28 Staaten aus Europa und Mittelamerika zusammen, die zu den reichsten Ländern der Welt gehören.

Wow.

Aber es wird noch besser...

Denn laut Auswärtigen Amt betrug das Bruttoinlandsprodukt für Afghanistan 2008/2009 12 Mrd. USD von denen "nur noch" 33% aus dem Drogenanbau stammen. D.h. Afghanistan gibt inklusive aller Erlöse aus Drogengeschäften 45% seines BIP für Waffen alleine in den USA aus???

Jetzt muß man sich mal vor Augen führen, was das für Deutschland bedeuten würde. Das Deutsche BIP betrug 2008 ohne die Erlöse aus Drogengeschäften 3500 Mrd. USD. Würden wir gleichfalls 45% unseres BIP's für Waffen ausgeben, wären das 1572 Mrd USD. Das entspricht in etwa der Hälfte unserer Staatsverschuldung.

Wow.

Gerade die Tage kam die langersehnte Hurrameldung aus Afghanistan:

"Afghanen sehen die Zukunft positiv"

Dort heißt es:

"Ein wichtiger Faktor für die bessere Stimmung in Afghanistan sind konkrete Fortschritte in den alltäglichen Lebensbedingungen der Menschen. So bestätigen viele Befragte, dass sich die Stromversorgung spürbar verbessert hat."

Während sich der amerikanische Einflußbereich im Nahen Osten immer weiter ausdehnt und der amerikanischen Rüstungsindustrie 2009 Rekordumsätze beschert, haben wir bei unserer "Wiederaufbaumission" volle 8 Jahre für die Erkenntnis gebraucht, daß Strom vielleicht eine nützliche Sache wäre. Und während wir über Schulen, Brunnen und Straßen reden, gibt Afghanistan mal eben in einem Jahr 5 Milliarden Dollar für Waffen nur in den USA aus.

Wie waren doch gleich unsere Ziele?
Wiederaufbau, Demokratie und Stabilität??? Oder sind wir tatsächlich nur ein Werkzeug des modernen amerikanischen Imperialismus, der sich unter einem Deckmantel allgemeiner Terrorhysterie versteckt?

Es bleibt jedenfalls zu hoffen, dass wir in unserem Wiederaufbaueifer nicht noch 8 Jahre brauchen um herauszufinden, dass der Zugang zu sauberem Wasser vielleicht auch eine gute Idee wäre.

Unter dem Aspekt,dass Guido Westerwelle gerade ankündigt hat," dass die Deutsche Unterstützung bei der Stabilisierung des Jemen fortgesetzt werden soll", mit anderen Worten, dass die USA und Europa vielleicht gerade die Vorbereitungen für einen zweiten "Krieg gegen den Terror und für den Wiederaufbau" im Jemen führen, halte ich es für wichtig folgende Fragen zu stellen.

Während die amerikanische Rüstungsindustrie Rekordgewinne 2009 im Nahen Osten generiert, wird uns erzählt wir betreiben den Wiederaufbau Afghanistans. Wie kann es dann sein, dass Afghanistan in einem Jahr 67,5% seines BIP's (ex Drogen) für Waffen in den USA ausgibt, während es 8 Jahre dauert eine rudimentäre Stromversorgung aufzubauen?

Woher kommt das Geld, dass Afghanistan für Waffen ausgibt?

Wer genau bekommt eigentlich die Waffen, die die Afghanen da kaufen?

Sind unsere Steuergelder, die für den Wiederaufbau bestimmt waren, in Waffengeschäfte Afghanistans mit den USA geflossen?

Fließen Gelder aus dem Drogenanbau in die amerikanische Rüstungsindustrie?

Was sind unsere tatsächlichen Ziele in Afghanistan?

Liefert Deutschland Waffen an Afghanistan?

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